Dramatischer Stopp eines gelben Traumes
DE. 104 Fahrer starteten am Mittag um halb
eins von Kriens aus zur diesjährigen Königsetappe des
GP Tell. Auf dem Programm standen mit den beiden Pässen Glaubenbüehlen
und Glaubenberg zwei Bergpreise erster Kategorie. Dazu kam als
"Dessert" im Finale die Steigung zum Holderkäppeli
oberhalb Kriens. Wie nicht anders zu erwarten, sorgte diese topographisch
äusserst anspruchsvolle, aber bei angenehmen Witterungsverhältnissen
ausgetragene Etappe, für deutliche Veränderungen im
Gesamtklassement. Etappensieger wurde der Slowake Peter Velits,
neuer Gesamtleader ist der heute als Etappenzweiter klassierte
Österreicher Markus Eibegger.
Mann des Tages war zweifelsohne Thomas Frei
vom Schweizer U23-Nationalteam. Bereits vor dem Start machte der
21jährige Oltner - ein Schützling des Solothurner Radsporttrainers
Kurt Bürgi - einen resoluten Eindruck. Die ersten Fluchtgruppen
des Tages bildeten sich bereits wenige Kilometer nach Start. Die
Zusammensetzung wechselte jedoch ständig, Frei war jedoch
vorerst nicht dabei. Dies änderte sich nach Schüpfheim,
als Frei alleine vom Feld zur Spitze vorfuhr. Bald war ihm auch
das Tempo der Spitzengruppe zu langsam. "Ich fuhr meinen
Rhythmus, plötzlich waren die anderen nicht mehr da"
schilderte Frei die Situation im Ziel. Auf dem ersten Bergpreis
Glaubenbüehlen - mit 1611 Meter über Meer der höchste
Punkt des GP Tell 2006 - lag Frei mit 53 Sekunden alleine in Front.
Da ihm der Zeitpunkt für eine Soloflucht jedoch zu früh
war, fuhr er bewusst langsam nach Giswil hinunter und liess sich
wieder einholen.
Der holländische Gesamtführende Jos
van Emden machte heute keinen souveränen Eindruck und wurde
bereits in der Glaubenbüehlen-Steigung distanziert. Schlimmer
noch kam es in der Abfahrt, als der Holländer einen Sturz
zu beklagen hatte. Man musste kein Prophet mehr sein um zu sehen
dass es heute zu einem Leaderwechsel kommen würde.
Das kurze Flachstück auf der Obwaldner
Seite sorgte zwar dafür, dass wieder einige Fahrer (so auch
der holländische Gesamtleader) kurzfristig aufzuschliessen
vermochten, doch bald ging es wieder steil bergan hinauf zum Glaubenberg.
Hier attackierte der Slowene Miha Svab, und liess Erinnerungen
an seinen Landsmann Tomaz Nose (welcher im Jahre 2004 Etappensieger
der Königsetappe des GP Tell war) aufkommen. Svab lag zwar
alleine in Führung auf dem Bergpreis, doch nur ca. 30 Sekunden
dahinter führte Thomas Frei die ersten sieben Verfolger heran.
In der Abfahrt ins Entlebuch wurde der Slowene Miha Svab wieder
eingeholt.
Die entscheidende Attacke folgte also am letzten
Hindernis, dem Holderkäppeli ob Kriens. Diesmal attackierte
Frei bewusst, seine Konkurrenten konnten ihm nicht mehr folgen.
Frei holte sich auch diesen Bergpreis, kam aber in der folgenden
Abfahrt zu Fall. Das Vorderrad ging kapputt, das Hinterrad hatte
eine Acht. "Eine engerwerdende Kurve wurde mir zum Verhängnis,
ich musste auf den Mannschaftswagen warten" meinte der massloss
enttäuschte Frei im Ziel. Zu gerne wäre der Fahrer aus
dem VC Pfaffnau-Roggliswil an der morgigen Pfaffnauer Etappe in
Gelb an den Start gegangen.
Die stärksten verbliebenen Konkurrenten
machten somit in der Zusatzschlaufe in Kriens den Etappensieg
unter sich aus. Der Slowake Peter Velits setzte sich im Zweier-Spurt
gegen den Österreicher Markus Eibegger durch, welcher damit
die Gesamtführung im GP Tell übernahm. Thomas Frei klassierte
sich mit 52 Sekunden Rückstand auf Rang fünf, einen
Rang hinter dem unauffälligen aber erstaunlich starken Romand
Steve Bovay.
Dass Frei mit seiner starken aber letztendlich
vom Sturzpech gestoppten Darbietung immerhin neuer Leader in der
Bergpreis-Wertung und bester Schweizer im Gesamtklassement ist,
mag ein schwacher Trost sein. Vom Sturzpech
verfolgt waren im dramatischen Krienser Finale allerdings noch
andere Fahrer. Mit Pirmin Lang, Andreas Moser und Michael Randin
kamen drei weitere Schweizer auf den letzten Kilometern zu Fall.
Für Lang und Moser blieb es bei Materialschaden, der Westschweizer
Randin musste sich eine Platzwunde am Kopf nach dem Zieleinlauf
im Spital nähen lassen, wird jedoch morgen wieder mit am
Start sein.
Text: Daniel Erismann
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